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Bremer Vulkan
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mit Elan zum Bankrott
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In Deutschland wurden um 1900 eine Vielzahl
von Werften gegründet. Viele davon wurden gekauft, wieder verkauft,
fusionierten, wurden zerlegt und das manchmal mehrmals. Dadurch lässt sich
die Geschichte einer Werft nur schwierig nachvollziehen. Ich habe es trotzdem
versucht. Weiter unten können Sie zwei Organogramme anklicken. Diese
zeigen die verwirrende Struktur. Interessant sind besonders zwei Perioden: Um
den Weltkrieg II und vor dem Bankrott. Die deutsche Marine brauchte eine
Werft, besonders zum Bau der U-Boote. Die Bremer Vulkan war hierfür
vorgesehen. Schon 1934 sollte ein U-Boot vom Typ IA monatlich hergestellt
werden und ab 1936 sogar 2 U-Boote vom Typ VII. Aber erst durch die
Kündigung des deutsch-britischen Flottenabkommens im Juni 1938 hatten die
Militärs freie Hand so viele U-Boote zu bauen, wie die Briten hatten.
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Ausgelieferte
U-Boote |
U-Boot Typ VII B VII C VII
C41 Gesamt |
1940 4
4 |
1941 17
17 |
1942 21
21 |
1943 14
9 23 |
1944 9
9 |
1945 |
Anzahl 4 52
18 74 |
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Bremer Vulkan Bestell-NR.: DM44
Preisliste |
Bremer Vulkan Bestell-NR.: DM45
Preisliste |
Bremer Vulkan Bestell-NR.: DM46
Preisliste |
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Die grossen Werften waren
besonderes Ziel der Bomberangriffe. Der U-Bootbau und deren Reparatur musste
deshalb in grosse Betonbunker verlegt werden. Hierfür wurden die Bunker
"Hornisse" nahe der Weser-AG und "Valentin" in Bremen-Farge gebaut. 1943 war
Baubeginn. In der Schwaneweder Heide wurden riesige unterirdische Tanklager
angelegt. Die Bunkerwände waren ca. 6 m dick. Anfang 1945 sollte der
Bunker "Valentin" fertig sein, aber durch mehrmalige Bomberangriffe wurde der
Bunker nie fertig. Heute ist der Bunker in Bremen-Farge der grösste der
Welt. |
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Auch die Marine der
Bundesrepublik brauchte Schiffe. Bremer Vulkan wurde so Generalunternehmer
für das Fregattenprogramm F122 der Bundesrepublik. Sechs Kriegsschiffe
wurden gebaut und 5 Werften wurden beauftragt. Die Werften bauten die Schiffe
und AEG-Telefunken rüstete sie mit Waffen- und Waffenführungssystemen
aus. Das Typschiff baute Bremer Vulkan selbst, bei den fünf
übrigen lieferte Bremer Vulkan die Endausrüstung. Jeweils eine
Fregatte baute AG-Weser (Bremen), Howaldt Deutsche Werft (Kiel) und TNSW
(Emden). Der Herstellungsgrad betrug dabei max. 70 %. Blohm & Voss baute 2
Fregatten mit einem Fertigstellungsgrad von 90 %. Das alles kostete
natürlich. Die Summe der 6 Fregatten belief sich auf 1.794 Milliarden DM.
Hiervon erhielt die Bremer Vulkan 393 Mio DM, die AEG-Telefunken 900 Mio DM und
Blohm & Voss ca. 140 Mio DM. Der hohe AEG-Anteil war bedingt durch den Kauf
teurer ausländischer Waffen- und Elektronikanlagen. |
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Das Fregattenprogramm wurde
aufgelegt, weil die deutsche Bundesmarine 1972 den Auftrag erhielt die
Aktivitäten in der Nordsee zu intensivieren. Die Marine sollte im
Ernstfall die Nachschublinien zwischen USA und Westeuropa sichern und
sowjetische U-Boote jagen. Dies war die militärische Seite. Die
wirtschaftliche Seite war mindestens genauso bedeutent. Die deutsche
Werftindustrie lag in einer schweren Krise. Der internationale Konkurrenzkampf
war gross. Zuerst sollte der Fregattenauftrag nur an die Bremer Vulkan gehen,
aber entspr. Lobby - oftmals unterhalb der Gürtellinie mit z.B. "bei
Bremer Vulkan sässen Kommunisten" - sorgte dafür, dass auch Blohm
& Voss beteiligt wurde. Diese Aufteilung des Auftrages in 2 Teile
steigerte die Kosten um geschätzte 300 Mio DM. Aber das wurde als Hilfe
für die Werftindustrie verbucht. Die Daten der bei Blohm & Voss
gebauten und durch Bremer Vulkan fertiggestellten Fregatten waren: -
Fregatte "Rheinland-Pfalz", Kiellegung 29.9.79, Stapellauf 3.9.80,
Indienststellung 9.5.83 - Fregatte "Köln", Kiellegung 16.6.80,
Stapellauf 29.5.81, Indienststellung 10.10.84 Beide Fregatten hatten eine
Länge von 130 m, fuhren 30 Knoten und hatten 207 Mann Besatzung. |
Die Insolvenz der Bremer Vulkan |
Der Vorstandsvorsitzende Friedrich Hennemann wollte Bremer Vulkan zu
einem maritimen Weltkonzern machen. Doch 1995 kamen erste Grüchte
über Liquiditätsprobleme auf. Ein Jahr später war es dann
aus. Auf der Hauptversammlung im Juni 1995 wurden die liquiden Mittel mit
über 1 Milliarde DM angegeben. Einen Monat später wurde dies
bezweifelt. Die Werftenkrise 1970-1980 bedingte hohe staatliche Hilfen. Die
Bremer Vulkan wollte der Krise begegnen durch Aufbau eines Werftenverbundes,
konsequente Aufgabenteilung und Spezialisierung. Ausserdem sollte der
Schiffbauanteil innerhalb des Konzerns gesenkt werden. Doch der Vorstand kaufte
vorallem Sanierungsfälle ein. Dies waren Firmen mit schlechten
Perspektiven und hohem Risiko. Meist waren diese gekauften Firmen hohe
Verlustbringer. Aber durch hohe staatliche Subventionen oder sogar negative
Kaufpreise kam Geld in die Kassen. |
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Zum Jahreswechsel 1993/1994 erhielt die Bremer Vulkan zwei
Aufträge des Reeders Nicola Costa aus Genua zum Bau von
Kreuzfahrtschiffen. Von vornherein waren diese Aufträge schon mit einem
Verlust von 200 Mio DM kalkuliert. Ausserdem übernahm die Bremer Vulkan im
Frühjahr 1994 die Werkzeugmaschinenfirma Schiess AG zu einem negativen
Kaufpreis von 334 Mio DM, musste aber zur Sanierung 220 Mio DM aufwenden.
Die Bilanz 1993 wiess einen Verlust von 190 Mio auf, auch 1994 war es nicht
besser. Der gesamte operative Bereich war negativ. Um 1994 einen Gewinn von 56
Mio DM aufweisen zu können, wurden 96 Mio aus Rückstellungen
entnommen. Erst im Juli 1995 erkannte auch das Management die schlechte Lage
und auch die Lieferanten und Kunden. Die Lieferanten setzten immer kürzere
Zahlungsziele und Kunden verlangten Sicherheiten für bereits geleistete
Anzahlungen. Friedrich Hennemann musste im September 1995 zurücktreten.
Sein Nachfolger wurde Udo Wagner. Der stellte fest: - die Bankschulden
beliefen sich auf 1.4 Milliarden DM - die Firma erhielt keine neuen Kredite
von den Banken - die EU-Kommission verlangre bereits gewährte
Subventionen für die ehemaligen Ostwerften in Höhe von 850 Mio DM
zurück. Dies war besonders gravierend, weil dieses Geld im Konzern einfach
versickert war, anstatt den Ostwerften zu helfen. Noch im ersten Monat als
Vorstandsvorsitzender stellte Udo Wagner im Februar 1996 einen
Vergleichsantrag. Da aber die Mindestquote von 35 % für die
Gläubigerbefriedigung nicht vorhanden war, musste im Mai 1996 Konkurs
angemeldet werden. |
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Als Konkursverwalter wurde Jobst Wellensiek eingesetzt. Sein Ziel war
es, die Werften an der Unterweser zu einem kleineren Werftenverbund
zusammenzuschliessen und dann zu verkaufen. Die eigens geschaffene
Beschäftigungsgesellschaft "MyPegasus" übernahm die 4 500
Mitarbeiter, die an die Vulkan ausgeliehen wurden. Die durchgeführten
Rationalisierungen führten aber nicht zum Ziel. Deshalb wurde im Dezember
1996 die Schliessung der Bremer Vulkan beschlossen. Das letzte Containerschiff
verliess am 15. März 1997 die Werft, danach war es nach 104 Jahren
Betriebsgeschichte aus. Für den Untergang der Bremer Vulkan lassen
sich drei Hauptgründe nennen: - die Produktivität lag 30 % unter
dem des Weltniveaus und die Preise bis 15 % unter Selbstkosten - Hennemann
war Senatsdirektor, seine Entscheidungen waren "Bremen"-orientiert und nicht
betriebswirtschaftlich. - der Aufsichtsrat kontrollierte zu wenig. |
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Nachstehend
eine kurze Aufstellung der grössten und spektakulärsten deutschen
Firmenpleiten |
1961 |
die Automobilfirma Borgward in
Bremen meldet Konkurs; 15 000 Beschäftigte werden entlassen |
1974 |
das Bankhaus Herstatt macht mit
Devisentermingeschäften grosse Verluste und macht dicht |
1982 |
AEG beantragt
Vergleich, die Gläubiger bleiben auf 4.4 Milliarden DM sitzen; AEG ging im
Daimler-Konzern auf |
1983 |
Der Baumaschinenhersteller IBH
Holding meldet mit 1 Milliarde DM Schulden Konkurs an; der Vorstandsvorsitzende
wird wegen Betrugs verurteilt |
1986 |
der Gewerkschaftskonzern "Neue
Heimat" wird für 1 DM an den Berliner Bäcker Horst Schiesser
verkauft. Die Banken setzen jedoch die Liquidation des Untenehmens durch. |
1989 |
coop frisiert die Bilanzen und
hinterlässt 1.7 Milliarden DM Schulden |
1993 |
Der Duisburger
Klöckner-Konzern macht mit Devisenspekulationen eine Milliarde DM Verlust;
statt Konkurs gibt es eine Vergleich |
1994 |
Sportbodenhersteller Balsam
macht mit Finanzmanipulationen 1.3 Milliarden DM Verlust; Die Firmenchefs
sitzen im Gefängnis. |
1994 |
Immobilienspekulant Jürgen
Schneider geht Pleite; er hinterlässt 5 Milliarden DM Schulden. Er sitzt
wegen Betrugs im Gefängnis. |
2000 |
Flowtex frisiert mit dem
Verkauf nicht existierender Bohrgeräte einen Schuldenberg von 1.5
Milliarden EURO. Die beiden Gesellschafter sitzen im Gefängnis. |
2002 |
Filmhändler Leo Kirch
macht 6.5 Milliarden EUR Schulden und muss lukrative Teile seiner Firma
verkaufen. |
2002 |
Babcock-Borsig meldet Insolvenz
an. |
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