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Western Electric
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erst Konkurrenz zu "Bell" - und dann doch noch geschluckt
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Bevor "Bell" aufkam, war
"Western Electric" der grösste Produzent von elektrischen Produkten in den
USA. Heute setzt es 20 Milliarden $ um. Viele wichtigen Erfindungen gehen
auf die Firma zurück: Vakuumröhre, Lautsprecher, Filme und
Handys. "Western Electric" war der Hauptlieferant für die
"Telegraphen-Geräte" der
"Western
Union". 1856 wurde "Western Union" durch Zusammenschluss von kleinen
Telegraphen-Firmen gegründet - 12 Jahre nach Samuel Morse und seinem
"Morsealphabet". |
Die
Telefon-Geräte wurden ebenfalls in kleinen Betrieben hergestellt, die in
Cleveland/Ohio und Ottawa/Illinois angesiedelt waren. Die Cleveland-Firma wurde
durch Georg Shawk aufgekauft und auf Anraten von Anson Stager
(Vizepräsident der "Western Union") nach Chicago verlegt. Stager war
während des amerikanischen Bürgerkrieges Chef der US Army
Telegraphen. Shaw verkaufte seine Anteile an Elisha Gray, der 1872 die "Western
Electric Manufacturing Co." etablierte - mit Geld der "Western Union" und auch
deren Management. |
Bekannt wurde
"Western Electric" durch die Weltausstellung in Philadelphia - 5 Goldmedaillen
waren drin.
Elisha Gray
hatte ebenfalls (wie Graham Bell) das Telefon erfunden, aber
Bell hatte
einige Stunden früher sein Patent angemeldet. Gray ging leer aus und
verkaufte seine Anteile 1875. Telefone wurden von der mächtigen
"Western Union" nicht als sinnvoll angesehen. Die Verkaufsofferte der
Bell-Patente (100 000 $) wurde von der "Western" abgelehnt. Ein Jahr
später änderte die Firma ihre Meinung, kaufte die Gray-Patente und
gründete die "American Speaking Telephone Co.". "Western Electric"
produzierte die Telefone - übrigens auch für den Konkurrenten "Bell".
Allerdings nicht lange, denn dann verklagte 1878 die winzige "Bell" den Riesen
"Western Union" auf Verletzung der Telefon-Patente. Im Juni 1879 wurde der
Streit beigelegt: "Bell" gewann - aber nur mit Unterstützung von Aussen.
William Vanderbildt (Mehrheitsaktionär der "Western Union"), sah sich im
Kampf mit einem ebenfalls Superreichen, nämlich Jey Gould. Dieser
gründete die "American Union Telegraph Co.", in der Hoffnung den
Aktienkurs der "Western Union" zu drücken und damit zu kaufen. "Western"
brauchte Geld im Kampf gegen Gould und sah das Telefongeschäft nur als
"Nebenkampfplatz" an und verkaufte dieses an "Bell". Im Gegenzug gab "Bell"
sein Telegraphen-Geschäft an die "Western" ab. Der Vertrag sah vor: 20 %
des Verkaufserlöses der Telefone sollte 17 Jahre lang an "Western" gehen,
"Bell" durfte über seine Telefone keine Geschäftsmitteilungn,
Börsenkurse oder Nachrichten senden, sofern eine Konkurrenz zur "Western"
bestand. |
1882 übernahm
Gould aber trotzdem die "Western Union". Zwischenzeitlich hatte die "Western
Electric" die volle Produktion der "Bell"-Telefone übernommen. Ab 1881
gehörte sie ganz der "American Bell Telephone Co.". 1882 wurden die
grundsätzlichen Geschäftsprinzipien gelegt: - "Western Electric"
produzierte und verkaufte an die "Bell" - "Bell" leaste die Telephone
weiter an lokale Telefongesellschaften und behielt die Ferngespräche
selbst - die lokalen Telefongesellschaften leasten die Telefone weiter an
die Endkunden. (Damit konnte der Vertrag mit der "Western Electric" umgangen
werden, denn dort stand "Verkauf" und nicht "leasen". 1909 versprach die
"AT&T" eine
Fernsprechverbindung zwischen USA und Panama zur Eröffnung des
Panama-Kanals 1914 einzurichten. Das klappte allerdings nur durch die Erfindung
von
Lee DeForest.
Jetzt wurde das Telefonsignal nicht mehr durch die grosse Entfernung
abgeschwächt und nicht mehr hörbar. 1927 wurde von "Western Electric"
die erste Transatlantikverbindung zwischen N.Y. und London eingerichtet. Eine
der wichtigsten geschäftlichen Entscheidungen war die Zusammenlegung der
Forschungseinrichtungen der "AT&T" und der "Western Electric" zu den "Bell
Laboratories" - damals das grösste private Forschungslabor der Welt. |
Die Bell Laboratories brachten u.a.
hervor: - Lautsprecher - Radar (obwohl von den Briten im Kampf gegen
die deutsche Luftwaffe erfunden) - Transistor (dann erst gab es das
Transistorradio) - Solarzelle - Laser - drahtlose Telefonie (daraus
entstand das Handy) |
Das internationale
Geschäft war bei "Western Electric" schon immer grossgeschrieben: 1882
wurde schon in Antwerpen/Belgien gegründet; 1890 wurde in Japan die
"Nippon Electric Co."
(NEC) mit 54 % Anteil gegründet. Ebenfalls mit "Western"-Anteil wurden
"Alcatel" und "Northern Telekom" aus der Taufe gehoben. In den 1920ern
umfasste der Verkaufskatalog 1 300 Seiten. Aber die grosse Depression
hinterliess kräftige Spuren. Vorhandene Telefone wurden abbestellt. So
sank der Anteil von vorher 16 % auf 13 % pro 100 Einwohner. Betrug der Umsatz
1929 noch 411 Millionen $, so sank er 1933 auf 70 Millionen $. Auch die
Mitarbeiterzahl sank von 43 000 (1930) auf 6 000 (1933). Während des
Weltkrieges II lieferte "Western Electric" meist nur Radio- und
Kabelkommunikationsgeräte an die "AT&T" und die weiter an die
Streitkräfte. Auch die weltgrösste Vermittlungszentrale wurde 1942
für das Pentagon eingerichtet - insgesamt 13 000 Verbindungslinien und 125
Operatorplätze. Aufgrund des Krieges stieg der Frauenanteil in der
Mitarbeiterzahl von 20 % (1941) auf 60 % (1944). Vor dem Weltkrieg II gingen 90
% der Produkte an "AT&T", während des Krieges wurde der Hauptkunde die
US-Regierung mit 85 %. Diese guten Verbindungen blieben - so arbeiteten auch
noch 1950 ca. 18 000 Mitarbeiter für Regierungsaufträge. Da kam der
kalte Krieg wie gerufen. "Western Electric" lieferte als Generalunternehmer das
wohl grösste moderne militärische Projekt: 6 000 km Radarposten um
die Welt - die "Distant Early Warning Line" (DEW-Line). An dem Projekt waren
keine Europäer, sondern nur Amerikaner und Kanadier beteiligt
(Spionageangst). Die grössten Herausforderungen an das Projekt stellten
die Wetterbedingungen - bis 40 Grad Minus. Bei Ausseninstallationen wog die
Kleidung allein 15 kg und der obligatorische Schlafsack nochmals 10 kg.
Transportiert wurden die Geräte während des kurzen arktischen
Sommers. Der arktische Teil wurde im Juli 1957 fertig, im Frühling 1959
war die Linie durch die Aleuten fertig und im November 1961 das letzte Segment
nach Island. 1956 wurde von der US-Regierung erkannt, dass "Western
Electric" fast ein Monopol auf Regierungsaufträge hatte. 1956 musste
deshalb die "AT&T" alle NichtTelefon-Aktivitäten abgeben - die
Militärgüter durfte sie behalten. "Western Electric" musste die
letzte verbliebene ausländische Tochter abgeben - "Northern Electric of
Canada". Aus dieser wurde die "Northern Telecom" - heute eine der
6-grössten Hersteller von Telefonen. |
Bisher konnten die
Telefonkunden nur wählen zwischen einem schwarzen Tischtelefon, einem
schwarzen Wandtelefon und einem schwarzen Handapparat. Doch 1954 kam Farbe -
und Telefone wurden Konsumentenprodukte und erhielten zum ersten Male ein
Design. So z.B. das "Princess Telephone"; dieses kam mit 5 verschiedenen Farben
und beleuchteter Wählscheibe (für die Installation im Nachttisch). Es
wurden auch Telefonshops gegründet; hier konnte der Kunde sein Telefon
heraussuchen und gleich kaufen. |
Inzwischen hatte "AT&T"
eine solche Grösse erreicht (weltgrösste Firma), dass eine
Antitrustklage eingereicht wurde. Diese hatte Erfolg und "AT&T" wurde in
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Gesellschaften zerschlagen. Bei "AT&T" verblieb der Nicht-Telefonteil,
der Fernsprechverkehr ("AT&T Communications") und "Western
Electronic"/"Bell Laboratories", die in "AT&T Technologies" zusammengefasst
wurden. Ausserdem durfte das Bell-Logo nicht mehr genutzt werden. Die "AT&T
Technologies" wurden 1984 voll der "AT&T" einverleibt und der "Western
Electric"-Teil wurde 1995 an die "Network Systems Group" verkauft. |
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