Eine
kurze Geschichte der Wanderer-Werke |
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Die Wurzeln
von Wanderer gehen bis in das Jahr 1885 zurück. In diesem Jahr
gründeten Johann Baptist Winklhofer und Richard Adolf Jaenicke in Chemnitz
die am 26. Februar 1885 ins Handelsregister eingetragene Gesellschaft
"Chemnitzer Velociped-Depot Winklhofer & Jaenicke" für Verkauf und
Reparatur von Fahrrädern. Im Winter 1885/1886 begannen die Vorbereitungen
für eine fabrikmäßige Herstellung. Winklhofer und Jaenicke
firmierten ab 4.1.1887 als "Chemnitzer Veloziped-Fabrik Winklhofer &
Jaenicke". Um 1900 war Wanderer zu einem bedeutenden Unternehmen auf dem
Fahrradmarkt geworden und hielt verschiedene Patente, unter anderem für
die erste deutsche Zweigang-Nabenschaltung. Etwa in dieser Zeit wurde die
Produktion auf Werkzeugmaschinen, "Continental"-Schreib- und -Rechenmaschinen,
Motorräder und Autos ausgeweitet und 1894 in Schönau bei Chemnitz
dafür ein Werk gebaut. Das erste Motorrad wurde 1902 produziert, 1905 kam
der erste Auto-Prototyp "Wanderermobil", 1907 kam der zweite Prototyp und 1911
wurde dann auf dem Berliner Autosalon der Wanderer 5/12 PS Typ W1 gezeigt. 1913
konnte die Automobilserienproduktion aufgenommen werden. |
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In Anlehnung
an die im selben Jahr in Berlin uraufgeführte Operette "Puppchen" von Jean
Gilbert wurde das kleine Auto (1,5 m breit, 3 m lang) vom Volksmund auch
Puppchen genannt. Bereits 1913 kam die Weiterentwicklung zum W2, der 15 PS
leistete. Zur Ausweitung der Autoproduktion baute Wanderer ein weiteres Werk in
Siegmar nahe Chemnitz, das 1927 die Produktion aufnahm. Die weitere Entwicklung
ging bis zum W8 5/20 PS im Jahre 1926/27. Für den Nachfolger des Puppchen
wurde 1930 Ferdinand Porsche in Stuttgart die Konstruktion von einem
Sechszylinder- und zwei Achtzylindermotoren in Auftrag gegeben. Nur der
Sechszylinder debütierte 1931 im W14 12/65 PS mit einem
Dreiliter-Leichtmetallmotor, denn Probleme des Konzerns ließen ihn von
der Fahrzeugproduktion abrücken. Auch auf Druck der Dresdner Bank, bei der
Wanderer mit 5 Mio. RM verschuldet war, verkaufte Wanderer Lizenzen für
die schweren Motorräder an den tschechischen Ingenieur Dr. Fr. Janacek,
der damit die Motorradmarke JAWA gründete, und schloss am 29. Juni 1932
einen Kauf- und Pachtvertrag die neue Autofabrik der Wanderer-Werke in Siegmar
betreffend mit der auf Bestreben der Sächsischen Landesbank
gegründeten Auto Union AG. In diesem Konzern wurden neben Audi, DKW und
Horch weiterhin Automobile der Mittelklasse unter dem Namen Wanderer gebaut.
1935 kam der W21, ein direkter Konkurrent zum Mercedes 170V W136 auf den Markt.
Insgesamt bot Wanderer ab diesem Jahr eine breitgefächerte Modellpalette
von sechs Karosserien mit drei Motoren an. Von dem erfolgreichsten Modell, dem
W24, wurden rund 24.000 Exemplare hergestellt. |
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Nach dem
Weltkrieg II kam es zu einem Volksentscheid über die
entschädigungslose Enteignung von Nazis und Kriegsverbrechern. Dazu wurden
auch Betriebe gezählt, die Rüstungsgüter hergestellt hatten. Am
30. Juni 1946 wurden sowohl die Wanderer-Werke als auch die Auto-Union
enteignet. 1948 wurden beide aus dem Handelsregister Chemnitz gelöscht.
Die nahezu unversehrten Wanderer-Werke wurden demontiert und als Reparation in
die Sowjetunion abtransportiert. 1948 tagte in München eine
außerordentliche Hauptversammlung der Wanderer-Werke AG und beschloss,
den Sitz der Gesellschaft von Chemnitz nach München zu verlegen. Ab 1949
wurden wieder Fahrräder und Mopeds gehandelt, hergestellt von der Firma
Meister in Bielefeld. Daraus entwickelte sich die heutige Wanderer-Werke AG;
eine Automobilproduktion dieser Marke gibt es nicht mehr. Fahrräder
mit dem Markennamen Wanderer werden seit 1998 von der Firma "AT
Zweirad GmbH" in Altenberge bei Münster hergestellt, die Wanderer-Werke AG
tritt dabei lediglich als Lizenzgeber des Markennamens auf. Heute ist die
Wanderer-Werke AG eine Finanzholding ohne eigenen Geschäftsbetrieb mit den
Sparten Mailroom Management (BÖWE SYSTEC-Gruppe), Kraftfahrzeugteile (Carl
Kittel Autoteile GmbH; Kittel Supplier GmbH) und Verpackungsmaterialien (Karl
Fislage GmbH & Co. KG; Merseburger Verpackung GmbH) dar. |
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1885 |
Johann Baptist
Winkelhofer und Richard Adolf Jaenicke gründen eine Fahrradfabrik das
"Chemnitzer Velociped Depot". |
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1896 |
Der Firmenname wird
geändert in "Wanderer Fahrradwerke AG" |
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1898 |
Neben den Fahrrädern
werden nun auch Fräsmaschinen hergestellt. |
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1896 |
Wanderer produzierte
jetzt auch Schreibmaschinen und stellte das Modell "Continental" vor. Um die
Jahrhundertwende wird Wanderer zu einem der bedeutendsten Fahrradhersteller.
1902 wird die Zweigang-Nabenschaltung eingeführt. |
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1904 |
Mofa von Wanderer |
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1912 |
Wanderer verpasste das
anbrechende Automobilzeitalter nicht und stellt sein erstes Auto vor. |
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1919 |
Wanderer stellt einen 5
und 15 PS Wagen als Zwei- und Dreisitzer vor. |
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1927 |
Wanderer entwickelt eine
Addiermaschine für die Arbeitspulte der Büroangestellten. |
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1928 |
Wanderer produzierte nun
auch Motorräder und stellte das berühmte "500er" vor. Die
Wanderer-Werke in Schönau/Chemnitz |
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1930 |
Wanderer geht mit der
Zeit und gründet für die Schreibmaschinenaktivitäten eine eigene
Firma, die "Continental-Büromaschinen AG" in Berlin. |
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1932 |
Wanderer gibt seine
Autosparte an die neu gegründete
Auto-Union
ab. |
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1934 |
Wanderer führt die
Schreibmaschine "Continental Silenta" ein. |
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1936 |
Auto Union Wanderer W25K
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1945 |
Die Wanderer Fabriken
werden durch die Russen demontiert und durch die Verwaltung der durch Russen
besetzten Ostzone enteignet. |
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1948 |
Die Landesregierung in
Sachsen löscht den Firmennamen aus dem Handelsregister und gründet
gleichzeitig einen "Volkseigenen Betrieb". Daraufhin wird der Sitz der Firma
nach München verlegt. Der Neubeginn in München erfolgt durch
Handel mit Fahrrädern und Fräsmaschinen. Gleichzeitig wird ein
Grundstück in München erworben, auf dem eine Produktionsstätte
gebaut werden soll. An der "Exacta-Büromaschinen GmbH" erwirbt
Wanderer eine 50 % Beteiligung. |
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1953 |
Nach dem Bau der
Fertigung in München werden nun bereits 1000 Fräsmaschinen
produziert. |
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1956 |
Wanderer stellt die
Produktion von Fahrrädern ein. |
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1960 1963 |
Die "Exacta Continental
GmbH" in Köln wird zu 100 % übernommen. Mit der Übernahme wird
die "Exacta Continental GmbH" umbenannt in "Wanderer-Werke" |
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1968 |
Wanderer verkauft die
Büromachinensparte an Heinz Nixdorf, der daraus die "Nixdorf Computer AG"
macht. |
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1971 1978 |
Die "Harpener AG" aus
Dortmund erwirbt 25 % an der "Wanderer-Werke AG". In 1978 erwirbt die
"Harpener" 50 % an der "Böwe Maschinenfabrik" in Augsburg. |
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1981 |
Wanderer trennt sich von
allen Maschinenbau-Aktivitäten und fasst diese in einer extra neu
gegründeten GmbH zusammen. Diese GmbH wird dann an die "UTI Industries
Holding" in Düsseldorf verkauft. |
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1984 |
Wanderer erwirbt 50 % an
"Böwe". Die "Harpener AG" ist bereits mit 50 % an "Böwe" beteiligt.
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1985 |
Die
"Böwe-Maschinenfabrik" wird in eine Holding umgewandelt. Der Bereich
Papier wird durch die "Böwe Informations- und Systemtechnik", der Bereich
Reinigungstechnik durch "Böwe Reinigungstechnik" übernommen. |
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1989 |
Wanderer kauft die "Carl
Kittel GmbH" |
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1990 |
Wanderer kauft die Firma
"C.F. Wachendorff GmbH" in Bergisch Gladbach und die "Karl Fislage GmbH" in
Rheine. Ausserdem erwirbt sie die "Böwe"-Anteile der "Harpener" und
besitzt somit die "Böwe" allein. |
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1992 |
Die Holding "Böwe
GmbH" wird in die "Wanderer" voll integriert und die "Böwe Systec" wird an
die Börse gebracht. |
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1998 |
Die Wanderer-Werke
vergeben die Lizenz ür den Fahradbau an die "AT Zweirad". Diese montiert
die Räder. Vertrieben werden die Räder über die Kataloge der
Firma "Manufactum". |
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